Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Babler,
ich habe ursprünglich per Anmeldemaske drei Vertreter aus unserer Wohnhausanlage bzw. dem Mieterbeirat im Hugo Breitner Hof
für das heutige Bürgerforum mit Herrn Babler (SPÖ) und der Frage angemeldet, auf welche "rechtliche Grundlage" sich der Wiener Bürgermeister Dr. Michael Ludwig denn im Heute-Interview (Bericht vom 5.9.2023) berufen hat, die für eine Senkung der Gemeindebau-Mieten prinzipiell nötig wäre.
Eine durchaus berechtigte Frage, denn aus dem
Mietrechtsgesetz oder Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz (
WWFSG 1989) ergibt sich
KEINE Verpflichtung, Valorisierungen z.B. an die Mieter weiterzugeben. Logischer Weise - denn sonst wäre Herr Babler als Traiskirchner Bürgermeister ja ein Gesetzesbrecher, da er dort
für Wohnungen der Stadtgemeinde Traiskirchen auf die Erhöhungen schon jahrelang verzichtet hat. Und darüber hinaus: Das vom Wiener Gemeinderat als Verordnung beschlossene Statut für Wiener Wohnen verlangt sogar in den §§ 12 und 2 (1) ausdrücklich eine Mietengestaltung im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten für einkommensschwächere, wohnungsbedürftige Personen und Familien. Wovon also sprach da der Wiener Bürgermeister? Schwer zu erklären!
Trotz Vorbereitungsmöglichkeit auf diese ja schon im Voraus bekannte Frage von uns offensichtlich auch für Herrn Babler. Weshalb wir von der Puls 4 -Redaktion kontaktiert wurden und die Information erhalten haben, dass Herr
Babler wahrscheinlich keine Antwort für uns haben wird. Deutlich wahrnehmbar um uns darauf einzustimmen, dass wir dann deswegen
in der Sendung auch gar nicht zu Wort kommen werden.
Weshalb wir unsere
Teilnahme an diesem heutigen Bürgerforum absagen. Nicht so sehr, weil wir uns als bloß lebende Kulisse für eine Fernsehsendung zu schade sind oder es darum gegangen wäre, den SPÖ-Vorsitzenden in einer TV-Sendung und breiten Öffentlichkeit zu blamieren. Nein, wir lassen damit den Platz anderen, die sich vielleicht wenigstens darüber freuen können
"im Fernsehen gewesen zu sein" oder sogar mit einer Frage teilnehmen dürfen, die dem Herrn Babler mehr gelegen kommt. Obwohl er ja eigentlich
auf Facebook behauptet, die SPÖ sei
eine starke und stolze Bewegung, die sich vor nichts und niemandem fürchtet.
Uns ging - und geht es weiterhin - um
das derzeit größte Lebenskostenproblem für Menschen in Österreich: Die Miet- und Wohnkosten. Zumindest um die
rund halbe Million Menschen im Wiener Gemeindebau! Also - laut Statut von Wiener Wohnen - um
überwiegend einkommensschwächere, wohnungsbedürftige Personen und Familien.
Die werden aber - wie man sieht -
schmählich mit ihren Problemen allein gelassen, von ALLEN! Von den
Parteien - pätestens dann, wenn sie einmal wirklich auch mit das Sagen haben. Von den
Medien (wie man ja auch hier erlebt). Von den
Ombudsstellen und
Hilfsorganisationen. Ja selbst von der
Justiz hat man
keinerlei Hilfe zu erwarten!
Über die Verrechnungs- und Kostenprobleme im Wiener Gemeindebau – zuständig die Spitzen der Wiener SPÖ – könnte man aber nicht nur ein Bürgerforum machen, sondern eine ganze Sendereihe! Zumindest eine Sendung, die uns Frau Milborn nach der Wahlarena 2019 (für die man mich extra früher von einem Auslandsaufenthalt zurückfliegen hat lassen - um mich dann, an den Sendungsschluss gereiht, beinhart "abzudrehen") auch zugesagt hat. Auf diese Sendung warten wir heute ebenso immer noch, wie auf das unmittelbar vor der Sendung persönlich zugesagte Gespräch mit Frau Doktorin Rendi-Wagner!
Um es hier gleich klarzustellen: In den letzten 10 Abrechnungsjahren sind die
Mietkosten bei uns im Hugo Breitner Hof um 38,9 % gestiegen, der
Hauptmietzins um 59,7 %! Bei einer
Inflationsrate in der Zeit von 29,7 %. Da sind die
Erhöhungen von heuer noch gar nicht dabei!
Nur mehr die ganz alten Mietverträge sind wirklich noch günstig – und von denen
fallen pro Jahr gut 5% weg (Tod, Auszug – in betreutes Wohnen etc.).
Eine Mietpreisdämpfung fängt nicht oben an, sondern unten. Einem Menschen im Gemeindebau, der seine Miete nicht mehr zahlen kann nützt es nichts, dass ein Oligarch seine Wohnung am Stephansplatz Mietpreis-gedeckelt bekommt. Aber die Neumiete bei uns im Hugo Breitner Hof beträgt im Schnitt (mit/ohne Lift) 10,34 EUR/m2. Mieten in Österreich liegen durchschnittlich bei 9,30 EUR/m2. Beides brutto inklusive Betriebskosten und Umsatzsteuer.
Einmalzahlungen sind da natürlich auch nur ein
Tropfen auf den heißen Stein. Und vor allem kein Geschenk der Stadtregierung: Das kommt
aus unseren eigenen Steuerzahlungen – also von der eigenen linken Tasche in die rechte.
Jedes Jahr werden uns von Wiener Wohnen
Positionen als Betriebskosten verrechnet, bei denen schon aus den Vorjahren gerichtlich entschieden wurde, dass die unzulässig oder zu hoch sind. Und wer von den einkommensschwächeren Personen und Familien kann sich schon teure und riskante Gerichtsverfahren bzw. eine Rechtsschutzversicherung leisten?
Und es liegt dann an so "Wahnsinnigen" wie uns, den Mietern das zu Unrecht abverlangte Geld wieder zurückzuholen. Heuer im
März bzw. April waren es allein
Beträge in rund der Höhe einer Brutto-Monatsmiete für unsere Mieter - für
zu Unrecht verrechnete Betriebskosten der Jahre 2008 - 2013!!! Wieviele Mieter hier haben das leider nicht mehr miterleben dürfen?
Ich darf von meinem Wohnzimmerfenster auf das
Denkmal von Hugo Breitner (dem Begründer des sozialen Wohnbaus in Wien) blicken. Und schaue jeden Tag zur Sicherheit nach, ob es das nicht mittlerweile vor lauter Gram und Wut über das heutige diesbezügliche politische Geschehen zerrissen hat!
Der Problematik für die Betroffenen, dem Kontakt und der Auseinandersetzung möglichst aus dem Weg gehen - Lösungen schon überhaupt, aber Reden halten ...
Für den Mieterbeirat im Hugo Breitner Hof
Gerhard Kuchta
(Schriftführer)