Von: Gerhard Kuchta
Gesendet: Sonntag, 21. September 2025 13:10
An: WRW Fachbereich HV & KB
Cc: Stadträtin Kathrin Gaal; Wiener Bürgermeister; diverse politische Parteien, diverse Medien, Mieterbeirat
Betreff: Minimierung falscher Mietvertragsabschlüsse durch Wiener Wohnen
Sehr geehrte Damen und Herren,
Anlass für unsere Anforderung und den damit verbundenen Unterstützungsvorschlag durch den Mieterbeirat ist einerseits, dass leider im gerichtlich anhängigen Betriebskostenverfahren
für 2019 (!!) festgestellt werden musste, dass die für 2008 (!!) in den Jahren 2012 und 2015 per amtlicher Vermessung festgestellten Mietobjektsgrößen immer noch nicht richtig in das Abrechnungssystem von Wiener Wohnen übernommen wurden. Allein wenn durch Wiener Wohnen
bei der Einspielung elektronischer Daten aus einem anderen Bereich des Magistrats fast 100 "Übertragungsfehler" (bei insgesamt rund 1.400 Mietobjekten) eingestanden werden mussten, dann spricht das eine deutliche Sprache - und bedeutet natürlich, dass
auch alle anderen Abrechnungsjahre auf falschen Werten aufgesetzt haben - wohl bis zum zuletzt abgerechneten Jahr 2024. Inklusive
Aufteilung der Liftkosten und ganz abgesehen von
zahlreichen weiteren gravierenden Mängel bzw. Ungereimtheiten in den Nutzflächen sowie Belegen dafür, die hier seitens der Mieter aufgezeigt werden mussten.
Nun ist aber leider mit Fug und Recht davon auszugehen, dass diese Unzulänglichkeiten
nicht nur auf die Betriebskostenabrechnungen Einfluss genommen haben, sondern dass
vielfach auch in den Mietverträgen falsche Abrechnungsparameter pro Wohnung Eingang gefunden haben.
Bis vor geraumer Zeit konnte der Mieterbeirat zumindest ein wenig Abhilfe schaffen, da ein Mietervertreter als Privatperson ehrenamtlich auch am Projekt "
Willkommen Nachbar" teilgenommen und neue Mieter begrüßt hat - sofern dabei überhaupt alle neu bezogenen Adressen mitgeteilt wurden (was nicht der Fall war) und die Mieter dann trotz vorheriger Terminvereinbarung anzutreffen waren. Dabei wurden nicht nur Informationen über die Wohnhausanlage und Umgebung gegeben, auf die Hausordnung hingewiesen (sofern das in dem Durcheinander zu dem Thema überhaupt möglich war) und auf die Hilfestellungsmöglichkeit durch den Mieterbeirat aufmerksam gemacht, sondern es wurden die Mieter je nach konkreter Wohnung auch darauf aufmerksam gemacht, wo sie in der Vertragsgestaltung mit Wiener Wohnen und im Mietzins umgehend genauer hinsehen sollten. Dieses 2019 noch als
"voller Erfolg" hochgelobte Projekt, das wirklich Sinn stiften konnte, wurde aber inzwischen
ersatzlos eingestellt.
Auch bei der Durchsicht einzelner Mietverträge, die uns Mieter im Rahmen ihrer Anliegen an den Mieterbeirat zur Überprüfung vorgelegt haben, haben wir - über die besagten Unzulänglichkeiten in den Nutzflächen hinausgehend -
zahlreiche Mängel (z.B. falsche, doppelt so hohe Verminderung der Finanzierungsbeitrags-Rückzahlung bei Auszug) ,
fragwürdige Rechenpositionen (z.B. Höhe der Finanzierungsbeiträge),
falsche Angaben zum aktuellen Status und problematische Lücken bzw. unklare Formulierungen im Sinn der jüngsten Klauselentscheidungen nach KSchG gefunden.
Nun wäre das weniger ein Problem, wenn entweder
Wiener Wohnen später auftauchende Fehler unbürokratisch und vollständig korrigieren würde, falls sie zu Lasten der Mieter gehen. Schließlich schreibt dieses Unternehmen der Stadt Wien ja in der Präambel zu ihrem Mitbestimmungsstatut - Zitat:
"So muss etwa gewährleistet bleiben, dass der Gemeindewohnbau auch in Zukunft in erster Linie zur Schaffung von Wohnraum für finanziell Schwächere da ist." Dem ist aber nicht so! Urgiert ein Mieter verspätet, dann wird beinhart Verjährung geltend gemacht. Was allein schon bedeutet, dass nicht nur zu hoch verrechnete Beträge aus der Vergangenheit nicht beglichen werden, sondern dass auch für die Zukunft auf der Basis falscher Parameter weiterverrechnet wird. Oder aber man geht seitens Wiener Wohnen auf die Einwände gar nicht konkret ein und wartet ab, ob die - finanziell bekanntlich ja schwächeren - Mieter sich wirklich zu klagen trauen!
Es wäre auch kein Problem, wenn die Mieter selbst ausreichende Kenntnisse oder Möglichkeiten hätten, die Mietverträge und Rechenbeträge mit der geforderten Gründlichkeit zu prüfen oder durch
tatsächlich unabhängige rechtskundige Stellen prüfen zu lassen.
Aber meist kommen sie ja gar nicht auf die Idee, dass ausgerechnet die Unternehmung „Stadt Wien - Wiener Wohnen“ - vom Wiener Gemeinderat per verordnetem Statut zur Bereithaltung und Schaffung von einem modernen Standard entsprechenden Mietwohnungen für einkommensschwächere, wohnungsbedürftige Personen und Familien verpflichtet - derartige Praktiken oder zumindest grobe Nachlässigkeiten an den Tag legt!
Nachdem wir als Mieterbeirat aber NICHT davon ausgehen möchten, dass derartige Unzulänglichkeiten sogar mit voller Absicht geschehen - offensichtlich sind nur die zuständigen Kapazitäten bei Wiener Wohnen zeitlich schlicht in der Dimension und Menge der eigenen Aufgabe überfordert - können wir eine
maßgebliche Gratis-Hilfestellung für das Unternehmen und insbesondere die Mieter in der Sache anbieten und
ersuchen Sie, die Voraussetzung für die umgehende Umsetzung herbeizuführen:
Das
Mitbestimmungsstatut für Mieter*innen von Stadt Wien - Wiener Wohnen besagt nämlich in § 13 (1) - Zitat:
Unbeschadet der gesetzlich zustehenden Einsichtsrechte jeder einzelnen Mieterin*jedes einzelnen Mieters ist der Mieter*innenbeirat berechtigt, die Einhaltung der Vorschriften über die Berechnung und Verwendung der Mietzinse und sonstigen Einnahmen der Wohnhausanlage zu überprüfen. ... Von der Einsichtnahme sind nur solche Unterlagen ausgenommen, durch deren Kenntnisnahme schutzwürdige Interessen einzelner Mieter*innen verletzt werden (Datenschutz). ..."
Glücklicherweise
schließt diese Kompetenz die Prüfung von einzelnen Mietverträgen nicht aus, wenn der betroffene Mieter einer
Überprüfung des Mietvertrags durch den Mieterbeirat datenschutzrechtlich zustimmt - natürlich ohne zwingende Übermittlung personenbezogener Daten, die für die o.a. Prüfung nicht erforderlich sind.
Dies geht auch
mit den Bestimmungen des Informationsfreiheitsgesetzes konform und würde als Gratisleistung sowohl der Unternehmung Wiener Wohnen gemäß ihrem statutarischen Unternehmenszweck als auch den Mieterinnen und Mietern im Hugo Breitner Hof zugute kommen.
Diese
Zustimmungsmöglichkeit ersuchen wir Sie - im Interesse von Mieter und Vermieter -
in die Verträge ab jetzt einzubauen und die nach
wahrheitsgetreuer Information durch Sie, nachfolgender
Abwägung und ggf. positiver Entscheidung der Mieter dazu
freigegebenen Vertragskopien dem Mieterbeirat zur bestmöglichen Überprüfung zukommen zu lassen.
Eine Makellosigkeit können natürlich auch wir als Mieterbeirat nicht gewährleisten, aber:
Vier Augen sehen mehr als zwei!
Bei dieser Gelegenheit erinnern wir außerdem daran, dass
zahlreiche durch den Mieterbeirat bei Ihnen angeforderten Unterlagen Ihrerseits noch ausständig sind! Um diese
nur beispielhaft aus der jüngeren Vergangenheit aufzuzählen:
Vereinbarung für die Restfinanzierung (Hauptdarlehen)
Dokumentation der Anpflanzungen durch Mieter und Wiener Wohnen
Richtlinien für die Mieteranpflanzungen
Vermessungsergebnisse nach Errichtung des Radwegs
Dokumentation zu den jüngst gerodeten Bäumen
Die ausständigen Rückgabeprotokolle
Für den Mieterbeirat im Hugo Breitner Hof
hochachtungsvoll
Gerhard Kuchta
(Schriftführer)